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Arbeitsrecht

Frankfurter Landgericht stellt Pflicht zur geschlechtsneutralen Anrede auf

By 30. April 2021Dezember 8th, 2021No Comments

Einführung

Das Frankfurter Landgericht hat mit Urteil vom 3. Dezember 2020 (Aktenzeichen 2-13 O 131/20) Bahnfahrkarten beanstandet, bei denen die Kunden nur zwischen der Anrede „Herr“ oder „Frau“ wählen können. Dies sei diskriminierend für Menschen, die sich keinem der beiden Geschlechter zugehörig fühlten. Unternehmen müssten auch eine geschlechtsneutrale Option anbieten, teilte das Gericht mit.

Sachverhalt und Entscheidung

Eine Person, die ihre Geschlechtsidentität als „nicht-binär“ angab, hatte die Deutsche Bahn verklagt. Bei der Buchung einer Fahrkarte über deren Internetauftritt muss der Kunde die Anrede „Herr“ oder „Frau“ wählen. Die Auswahl kann nicht offengelassen werden und eine geschlechtsneutrale Anrede ist nicht verfügbar. Zuschriften des Unternehmens enthalten ebenfalls eine dieser beiden Anredeformen. So wurde die klagende Person nach dem Kauf einer Rabattkarte in einer Rechnung als „Herr“ angesprochen. Die Frankfurter Richter gaben ihr nun Recht. Das staatliche Unternehmen habe das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Kunden verletzt. „Für das Auftreten in einer bestimmten Geschlechtsidentität ist nach allgemeinem Verständnis die Anredeform von zentraler Bedeutung“, heißt es in der Begründung.

Richter empfehlen „Guten Tag“

Ein Anspruch auf eine Geldentschädigung, wie sie der Kunde gefordert hatte, bestehe aber nicht. Die Bezeichnung als „Herr“ in einem einzelnen Rechnungsschreiben sei nicht schwerwiegend und böse gemeint gewesen, sondern nur „Reflex massenhafter Abwicklung standardisierter Vorgänge“. Das Gericht empfehle dem Unternehmen, gänzlich auf die geschlechtsspezifische Anrede zu verzichten oder eine neutrale Grußformel wie „Guten Tag“ zu nutzen. Denn das Geschlecht des Kunden sei für die Nutzung der Dienstleistungen des Unternehmens irrelevant.

Praxishinweise

Zwar ist unklar, ob höhere Instanzgerichte ebenso entscheiden würden. Letztlich wird es aber aus unserer Sicht darauf hinauslaufen, dass Unternehmen neben „Herr“ und „Frau“ weitere Anreden schaffen müssen, von denen mindestens eine geschlechtsneutral sein muss, zum Beispiel wie das vom Gericht vorgeschlagene „Guten Tag“. Denkbar ist auch ein freies Textfeld, in welches eine Anrede eigener Wahl eingetragen werden kann. Ferner kann auf die Angabe einer Anrede gänzlich verzichtet werden. Unter Beachtung dieser Hinweise können Unternehmen wenig falsch machen.

Hinweis

Wir möchten darauf hinweisen, dass die allgemeinen Informationen in diesem Newsletter eine Rechtsberatung im Einzelfall nicht ersetzen.